Jahreslosung 2022

Als ich das erste Mal unsere Jahreslosung 2022 lese, bin ich irritiert. Dieser Vers klingt in mir negativ nach, und ich überlege, warum dieser Satz so formuliert sein könnte. Ich werde also nicht hinausgestoßen, wenn ich zu Jesus komme? In der ersten Klasse wurde ich von meiner Lehrerin aus der Bankreihe gezerrt und derb vor die Tür gesetzt, weil ich während des Unterrichts in mein Brot gebissen habe. Wie ganz anders habe ich Jesus kennen gelernt, mitfühlend, umarmend und nah.

Mir hilft das Vorwort zu unserem Andachtsbuch. Im Johannesevangelium wird uns Jesus in bildhafter Sprache einladend und fürsorglich dargestellt. Jesus selbst spricht von sich als dem Brot des Lebens, der gute Hirte und die Tür. Es ist auch der Zusammenhang, in dem dieser Vers steht, der mir weiterhilft. Jesus sieht eine große Menschenmenge den Berg hinauflaufen. Sie suchen ihn. Er schickt sie nicht weg, sondern sättigt weit über 5000 Menschen durch ein Wunder. Am nächsten Tag suchen ihn die Leute wieder. Im Gespräch, mit ihnen, über Gottes Willen, offenbart sich Jesus vor den Leuten als das Brot des Lebens, und er konfrontiert sie mit ihrem Unglauben, obwohl sie ihn erlebt haben.

 

„Alle aber, die der Vater mir gegeben hat, werden zu mir kommen, und ich werde sie nicht zurückweisen oder hinausstoßen.“

(Joh 6,37 NLÜ),

 

spricht Jesus anschließend. Und später heißt es: „Und es ist der Wille Gottes, dass ich von allen, die er mir gegeben hat, auch nicht einen verliere, sondern sie am letzten Tag zum ewigen Leben auferwecke.“ Wow, welch eine Liebe, die so aktiv ist, so nah am Menschen. Das trifft meine Seele. Ich erinnere mich an ein Zeugnis von einem Mann, der vom jahrelangen Werben Jesu in seinem verdorbenen Leben im ERF berichtet. Er hört Jesus sagen: „Und wenn du dich noch so vollsäufst, ich bleibe hier bei dir“. So ist Gott.

 

Und wie bin ich? Habe ich offene Arme für mein kleines Kind, wenn es vor Überforderung nur noch heulen kann und nicht mehr weiß, was es tut? Bleibe ich geduldig, wenn mein Schulkind zu mir kommt, nach Hilfe bei den Hausaufgaben fragt und vom Lernstoff so gar nichts versteht? Nehme ich das offene Fenster meines Teenagers wahr, wenn es gerade dann seine Seele ein Stück öffnet, wenn ich in Eile bin oder gerade schlafen gehen möchte? Heiße ich meinen Ehepartner herzlich willkommen, wenn er mies gelaunt nach Hause kommt? Wie weit ist meine Herzenstür offen, für Menschen, die sich gerade so anders verhalten, als das meinen Vorstellungen entspricht?

 

Da können wir nur immer wieder Buße tun und uns vom Geist Jesu beschenken lassen, dass wir diese entscheidenden Momente wahrnehmen und wie Jesus die Arme weit offen halten und innerlich sagen: „Ich bin für dich da. Ich weise dich nicht ab.“

 

(Eine Andacht von Birgit Rische - Adventgemeinde Weimar)

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