Das Leben der Gemeinde

Ich schlage meine Bibel auf und lese: „Das Leben der Gemeinde“. So ist der Textabschnitt in Römer 12,9-21 in der Lutherbibel überschrieben. Ich liebe diesen Abschnitt, weil er so voller praktischer Tipps und Hinweise für ein kraftvolles Gemeindeleben ist.

Aber wo ist das überhaupt geblieben? Das „Gemeindeleben“? Hat Corona nicht alles verändert und kaputt gemacht? Ich lehne mich im Sessel zurück und schließe die Augen. Erinnerungen tauchen auf. Ein Taufgottesdienst. Der Raum gefüllt bis auf den letzten Platz. Die Stimmung ist feierlich. Ein Mensch übergibt Gott sein Leben. Ein Wunder. Ich sehe Jugendstunden mit Spiel und Spaß und Tiefgang. Ich sehe Jung und Alt zusammen singen. Ich sehe Menschen gemeinsam beten... Wir waschen einander die Füße. Wir feiern gemeinsam Abendmahl. Zum Abschluss eine innige Umarmung. Segen strömt aus. Starke Momente. Gott war da.

Und heute? Ich mache die Augen wieder auf. Die Erinnerungen verblassen. Die Realität ist eine andere geworden. „Das Leben der Gemeinde“ scheint soooo weit weg... ich lese weiter bei Paulus Röm 12,15:

„Freut euch mit den Fröhlichen, weint mit den Weinenden. Seid eines Sinnes untereinander. Trachtet nicht nach hohenDingen, sondern haltet euch zu den niedrigen.“

Ob das vielleicht die Antwort ist? Wenn ich Paulus hier richtig verstehe, dann geht es bei Gemeinde nicht um tolle Programme, die wir abspulen oder um eine feste Gottesdienstordnung, der wir verpflichtet wären. Gemeinde ist auch kein exklusiver Club intellektueller Debatten, wo wir uns alle gemeinsam auf Linie bringen und auf die Zeit des Endes einschwören.

Gemeinde ist dort, wo wir dem echten Leben Raum geben,

so wie Jesus es getan hat. Wo wir uns öffnen und etwas von unserem Inneren Preis geben. Wo wir Menschen die Möglichkeit geben, sich zu entfalten und zu zeigen, was in ihnen steckt. Gemeinde ist dort, wo wir Vertrauen investieren und uns verletzlich machen, weil es hier nicht um Status und Ansehen geht und weil wir uns hier nicht verstellen brauchen, sondern weil wir alle aus der Gnade Gottes heraus leben. Weil wir alle immer wieder auf Vergebung angewiesen sind. Gemeinde ist dort, wo wir unsere Verschiedenheit als Geschenk Gottes und als Segen verstehen und uns als Menschen gegenseitig bereichern und tragen - wenn’s sein muss auch er-tragen. Gemeinde ist dort, wo geliebt und gelacht und gefeiert wird, aber auch geweint und getrauert und getröstet.

Wo das geschieht, da lebt Gemeinde – und da lebt Christus. Und wo Christus lebt, da gibt es Zukunft.

der liebe Gott

ist gern vergnügt

und meint

verbergt nicht

was ich Euch schenkte

in einer Kühltruhe

sondern lacht und liebt

aber erzählt mir bitte

auch von euren Träumen

 

(Mario aus Weimar)


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